Die Menschen erleben eine wirtschaftliche und fiskalpolitische Neuheit, die vielen nicht schmeckt. Die Inflation ist zu stark gestiegen, und die Zentralbanken erhöhen die Zinssätze so schnell wie seit den 1980er Jahren nicht mehr. Viele Menschen zögern jedoch, sich den Veränderungen anzunehmen, da die lange Zeit mit leicht verfügbarem Geld zur Gewohnheit geworden ist. Es gibt einen Begriff für diesen Geisteszustand: Zeteophobie oder Lähmung angesichts lebensverändernder Entscheidungen.
Trotzdem halten viele Menschen am bisherigen Verhalten fest, in der Hoffnung auf Rettung durch die Regierung oder Zentralbanken — doch Regierungen nehmen Kredite auf, und Hausbesitzer halten ihre Immobilien zurück, als ob das billige Geld bald zurückkehren würde.
Die Geldknappheit ist keine vorübergehende Erscheinung. Die Inflation liegt in Zukunft eher bei 3-4% als bei den ursprünglich anvisierten 2%, sodass die Zinssätze nicht auf null zurückgehen werden. Eine Metrik, die mehr Macht hat als man denkt und von vielen unterschätzt wird.
Über 100 Jahre ist der US-Dollar die dominierende Weltwährung, acht Jahre länger als der Durchschnitt seiner fünf Vorgänger, die bis ins 15. Jahrhundert zurückreichen, darunter zuletzt das britische Pfund. Sein Niedergang ist nicht nur historisch überfällig, sondern auch technisch, obwohl die weit verbreitete Annahme besteht, dass er aufgrund des Mangels an ernsthafter Konkurrenz seine Vormachtstellung behalten kann. Schon von den Plänen der BRICS-Staaten gehört?
Auch der US-Dollar durchläuft Zyklen. Anfang bis Mitte der 1980er und di zweite Häfte der 1990er Jahre gehören zu den durchschnittlich fünf bis sieben jährigen Bestphasen in der Historie. Der aktuelle Aufschwung des Dollars dauert jedoch bereits 11 Jahre an — bei steigendem weltpolitichen Druck und aufkommender Konkurrenz.
Bereits im Oktober 2022 begann der Dollar zu fallen, als er ~20 Prozent über seinem langfristigen Trend lag. Historisch gesehen deutet dies auf einen mehrjährigen Rückgang hin. In H2 2023 wird ein langsameres Wirtschaftswachstum erwartet, und die Zinserhöhungen in den USA werden mit hoher Wahrscheinlichkeit schwächer sein als in anderen großen Ländern. Diese Anzeichen deuten auf einen weiteren Rückgang des Dollars hin und auf eine verringerte Kaufkraft für Amerikaner, während sie relativ für andere Länder zunimmt.
Im Boom der 2010er Jahre erreichte der US-Aktienmarkt einen Wert, der 60 Prozent des weltweiten Gesamtvolumens ausmachte. Das sind in etwa 15 Prozent über dem langfristigen Durchschnitt. Jedoch ist der globale Einfluss der USA in den meisten anderen Bereichen viel geringer: weniger Unternehmensgewinne, weniger Wirtschaftsleistung, weniger börsennotierte Unternehmen und eine kleine Bevölkerung. Angesichts der hohen Bewertungen der US-Aktien im Vergleich zum Rest der Welt seit dem Zweiten Weltkrieg setzen Investoren, die in amerikanische Unternehmen investieren, darauf, dass die USA ihre Position nicht nur halten, sondern sogar noch verbessern können. Diese Annahme ist unsicher, insbesondere jetzt, da die Ära des leichten Geldes vorbei ist.
Achtung: Die Hälfte des Anstiegs der Rentabilität der US-Unternehmen im letzten Jahrzehnt wird einer Schätzung zufolge durch die niedrigeren Zinskosten erklärt. Während leichtes Geld in den meisten Ländern verfügbar war, hat die Finanztechnik zur Steigerung der Renditen in den USA eine besondere Rolle gespielt. Daher die These: der globale Fußabdruck der USA ist kleiner, als es der dominierende Aktienmarkt vermuten lässt. Diese wird durch folgende Grafik bestärkt: Die Extremen sprechen für sich — 4 % der Weltbevölkerung, 60 % der globalen Marktkapitalisierung und mitten drin ~25 % des weltweiten Bruttoinlandsprodukt (BIP).
Wer nicht an die Zukunft denkt, der wird bald große Sorgen haben.
—Konfuzius (551 - 479 v. Chr.)
Cheers,
Tom